Christian Polito über Feiertagskrebse.
Jetzt bin ich dem Fichtinger Leopold regelmäßig seit drei Jahren ein mal pro Jahr recht lästig gwesen.
Der Leopold hat eine Krebszucht bei Gross Gerungs, keine 20 Minuten von uns entfernt und jedes Jahr um dieselbe Zeit, nämlich genau dann, wenn er keine Krebse mehr hat, hab ich angrufen und wollt welche.
Ob wir von einem blöden Timing reden oder ich einfach nur zu deppert bin, mir zu merken, wann genau er jetzt Krebse hat, darüber lässt sich streiten.
Krebse sind jedenfalls heiß begehrt und ich will welche für die Edermühle.
Freitag 26. Oktober – Tag der offenen Tür bei den Fichtingers und meine Chance, endlich was zu reißen! „Mittags“ hat ich mir aufgschriebn und wollt vorher noch a bissal was erledigen, also Piccolo ins Auto und los gehts.
Wertstoffhof – zu.
Ja so ein Blödsinn, denk ich mir und fahr zurück zur Post, um ein Einschreiben aufzugeben.
Post – zu.
Sans olle deppert oda wos is los! Die Tür vom neuen Pertholzer Hofladen geht auf und man erklärt mir in bemühtem Hochdeutsch und einem bemitleidenden Blick, dass heute Nationalfeiertag sei.
Des wusst ich natürlich, ich habs nur vergessn – blödes Timing so zu sagen.
Wurscht.
Ich fahr also zur Krebszucht und seh schon von Weitem, wie die Gruppe der 12 Uhr Führung schon völlig ins Fachsimpeln vertieft ist, was bei einer Uhrzeit von 12.20 Uhr nicht weiter verwundert – Timing ist alles!
Wenn ich noch ein paar Infos will, muss ich mich beeilen.
In der Hektik vergess ich ganz drauf, meine Gummistiefel anzuziehen und lauf mit Jogginghose, Sneakers, und meinem kleinen Hund im Schlepptau der Gruppe hinterher.
Vor mir stehen ca. 12, durch die Bank weg adrett gekleidete Damen und Herren und mustern mich.
Mit meinen inzwischen völlig durchnässten Turnschuhen, der Jogginghose und Piccolo samt Leinengeschirr seh ich aus wie eine gedschenderte, abgesandelte Paris Hilton für Arme und schüttel dem Leopold mit den Worten „Christian, Edermühle – wir haben jedes Jahr telefoniert“ begeistert die Hand.
Interessiert lausche ich den letzten zwei Minuten der Führung und hab genau nix mitbekommen – läuft. Die ersten Leut verlassen die Veranstaltung bereits, samt Krebsen im Gepäck und ich hör nur noch „Wie gut, dass wir vorbestellt haben!“.
Vorbestellen?
Stimmt, da war ja was, aber wer soll sich das merken, wenn man nur ein mal im Jahr miteinand telefoniert! Irgendwie hat der Leopold dann ein Herz und ich kann noch zehn Krebse für unseren Teich ergattern.
Auf dem Weg zurück in die Edermühle verschütt ich noch den halben Kübel Wasser im Auto, weil ich Sperrmüll statt wie üblich verschließbare Behälter geladen habe – blödes Timing könnte man vermuten.
Steffi interessiert sich bei meiner Ankunft eher weniger für unsere neuen Bewohner und ich bringe sie allein zum Teich.
Hoffentlich vermehren sie sich zuverlässig, aber was soll schon schiefgehen – wega meinem Timing warats gwesen…
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Christian Polito
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